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28
04
2022

Lässt sich mit Faktoren ein diversifiziertes Portfolio langfristig aufbauen?

Post by 
Nicolas Rabener
Investieren ist immer eine Herausforderung, aber vielleicht ist es heute schwieriger denn je. Die Bewertungen sind auf einem Rekordhoch, die Verschuldung ist es auch und die demografische Entwicklung ist in den meisten Ländern negativ. Das wird das künftige Wirtschaftswachstum beeinträchtigen. Die Renditeaussichten sind bestenfalls mittelmäßig. Angesichts der Inflation und der negativen realen Renditen auf Geldkonten ist es jedoch auch keine Option, nicht zu investieren. In diesem Beitrag untersucht Nicolas Rabener, Gründer von FactorResearch, ein diversifiziertes Portfolio auf lange Sicht und nutzt dabei Strategien, deren Effizienz durch Research und Analyse gestützt ist.

Zusammenfassung

  • Die meisten Diversifizierungsstrategien bieten gerade dann keine Diversifizierungsvorteile, wenn sie am meisten gebraucht werden
  • Wir bauen ein diversifiziertes Portfolio unter Verwendung von Trendfolge, Multi-Faktor und Long Volatility auf
  • Ein gleichgewichteter Ansatz zur Vermögensallokation ist nicht schlechter als komplexere Ansätze

Einführung

Bei FactorResearch haben wir mehr als 200 Forschungsbeiträge über das Investieren veröffentlicht, die verschiedene Themen von statistischen Arbitrage-Hedgefonds bis hin zu Investitionen in Katastrophenanleihen umfassen. Alle Untersuchungen zielen darauf ab, eine unabhängige Perspektive zu bieten, die auf Daten und nicht auf Meinungen basiert. Es ist eine ständige Suche nach Wahrheit und Wissen.
Sie war auch eine ständige Quelle der Enttäuschung, wobei einige der wichtigsten Lehren die folgenden sind:

  • Das von Investmentfonds, Hedgefonds und Kryptowährungs-Hedgefonds generierte Alpha ist im Wesentlichen gleich Null
  • Fast alle Diversifizierungsstrategien diversifizieren nicht und versagen, wenn sie von den Anlegern am meisten gebraucht werden
  • Private Anlageklassen wie Private Equity, Risikokapital oder Immobilien sind nur ein getarntes Aktienengagement und bieten wenig Wert
  • Anleihen verlieren den größten Teil ihrer Attraktivität, wenn die Zinssätze nahe Null liegen
  • Fast alle Anlagen sind Ersatzwerte für das Wirtschaftswachstum, was als eine undiversifizierte Short-Volatilitätsposition angesehen werden kann

Leider bedeutet dies, dass 95 % der auf dem Markt erhältlichen Anlageprodukte den Anlegern keinen echten Mehrwert bieten. Dies ist eine negative und vielleicht arrogante Sichtweise, die jedoch auf einer unvoreingenommenen und gründlichen Analyse der Daten beruht.

Investieren ist immer eine Herausforderung, aber vielleicht ist es heute schwieriger denn je. Die Bewertungen sind auf einem Rekordhoch, die Verschuldung ist auf einem Rekordhoch und die demografische Entwicklung ist in den meisten Ländern negativ, was das künftige Wirtschaftswachstum beeinträchtigen wird. Die Renditeaussichten sind bestenfalls mittelmäßig. Angesichts der moderaten Inflation und der negativen realen Renditen auf Geldkonten ist es jedoch auch keine Option, nicht zu investieren. In diesem Beitrag werden wir ein diversifiziertes Portfolio auf lange Sicht untersuchen, das auf den wenigen Strategien basiert, die durch Forschung und Analyse gestützt sind.

PORTFOLIOKONSTRUKTION: DIE AKTEURE

Die Grundkomponenten fast aller Portfolios sind Aktien und Anleihen. In den USA ansässige Anleger können versuchen, Aktienportfolios zu diversifizieren, indem sie internationale Aktien oder Aktien aus Schwellenländern auswählen, aber die globalen Aktienmärkte sind stark korreliert. Außerdem sind die meisten Aktien des S&P 500 in der Weltwirtschaft engagiert, was die Diversifizierungsvorteile von Nicht-US-Aktien verringert.

Anleihen waren in den letzten vier Jahrzehnten hervorragende Renditelieferanten und Diversifizierer, sind aber bei den derzeit niedrigen Renditen unattraktiv geworden. Die erwartete Rendite einer Anleihe entspricht im Wesentlichen der Rendite, zu der sie gekauft wird und viele Staats- und Unternehmensanleihen in Europa und Japan weisen negative Renditen auf. Wir werden eine Allokation in festverzinsliche Wertpapiere in unserem diversifizierten Portfolio daher ausschließen.

Welche Diversifizierungsstrategien bieten in Anbetracht der von uns durchgeführten Untersuchungen eine echte Diversifizierung und sollten in Betracht gezogen werden? Drei Strategien kommen mir in den Sinn:

  • Trendfolge: Die systematische Trendfolge über alle Anlageklassen hinweg, wobei es sich um Long- oder Short-Positionen handeln kann. Wir verwenden den SG Trend Index als Proxy
  • Beta-neutrales Multi-Faktor-Investieren: Generieren von alternativem Beta aus Faktoren. Wir verwenden ein betaneutrales Portfolio, das aus den Faktoren Value, Size, Momentum, Quality und Low Volatility besteht. Dies kann über alle Anlageklassen hinweg geschehen, aber wir konzentrieren uns auf Aktienfaktoren.
  • Long Volatility: Profitieren Sie von einem Anstieg der Volatilität oder einem höheren Volatilitätsniveau. Wir verwenden eine gleichgewichtete Kombination aus Gold und JPY/AUD, die ein guter Ersatz für den CBOE Eurekahedge Long Volatility Index ist.

Wir verfügen über tägliche Daten für alle drei Strategien seit dem Jahr 2000. Das ist nicht so lang wie gewünscht, deckt aber zumindest einen großen und einige kleine Marktzyklen ab. Wir stellen fest, dass der S&P 500 in diesen zwei Jahrzehnten die höchste Rendite erzielte. Der Trendfolge-Ansatz sowie Long Volatilty generierten ähnliche Renditen. Das Faktorportfolio erzielte die niedrigste Rendite, war aber auch am wenigsten volatil.

Abbildung 1) Diversifiziertes Portfolio auf lange Sicht: Die Akteure
Quelle: FactorResearch

DIVERSIFIZIERUNGSPOTENZIAL

Wie bereits erwähnt, bieten die meisten Anlagestrategien, die als Diversifizierer vermarktet werden, bei Bedarf keine Diversifizierungsvorteile. M&A Arbitrage hat beispielsweise eine niedrige Korrelation zu den Aktienmärkten, wenn die Märkte ruhig sind, aber die Korrelation steigt an, wenn die Aktienmärkte einbrechen, weil Fusions- und Übernahmetransaktionen scheitern. Ein weiteres Beispiel sind ETFs auf vorrangige Darlehen, die als Inflationsabsicherungsinstrumente vermarktet werden und nicht mit dem Aktienmarkt korrelieren. Diese lassen sich aber einfach mit Aktien (2,5 %) und Barmitteln (97,5 %) replizieren.

Die Berechnung der Korrelation der drei Diversifizierungsstrategien mit dem S&P 500 bietet eine interessante Perspektive. Die durchschnittliche Korrelation zwischen 2000 und 2022 war für Trend (0,1) und Multi-Faktor (0,0) annähernd Null, während sie für Long-Volatilität leicht negativ (-0,3) war. Während die Korrelation der Long-Volatilität jedoch durchweg negativ war, schwankte sie bei Trend und Multi-Faktor stark, was gelegentlich zu mäßig positiven Korrelationen zu Aktien führte.

Abbildung 2) Korrelationen zum S&P 500
Quelle: FactorResearch

Interessant ist auch, dass sich die Korrelationen von Trend und Multi-Faktor zum S&P 500 zeitweise parallel bewegten, was die Frage aufwirft, wie unkorreliert diese Strategien sind, aber das ist ein Thema für einen anderen Researchartikel.

OPTIMIERUNG DER VERMÖGENSALLOKATION

Die Korrelationen der drei Diversifizierungsstrategien waren im Durchschnitt akzeptabel und die Renditen waren in Krisenzeiten wie 2009 nicht mit Aktien korreliert, was die Frage aufwirft, wie die Allokation zu diesen Strategien aussehen sollte. Es gibt viele Ansätze für die Vermögensallokation. Wir werden nur zwei gegenüberstellen: Einen gleichgewichteten Ansatz und einen Sharpe-Ratio-optimierten Ansatz. Wir sind uns bewusst, dass die Sharpe-Optimierung außerhalb von Stichproben nicht gut funktioniert, daher ist dies eher eine Frage der intellektuellen Neugier als ein starker Glaube an die Methodik.

Wir führen die Sharpe-Ratio-Optimierung alle fünf Jahre mit einer zunehmenden Anzahl von Daten durch, so dass wir im Jahr 2022 über Daten aus zwei Jahrzehnten verfügen. Das Portfolio besteht aus dem S&P 500 sowie aus einem Trendfolge-, Multi-Faktor und Long-Volatilität-Faktor, wobei weder Short-Positionen noch Leverage erlaubt sind. Als wir die Gewichte optimierten, um die Sharpe Ratio zu maximieren, stellten wir fest, dass die Sharpe Ratio für die optimierten Portfolios durchweg höher war als für die gleichgewichteten Portfolios.

Abbildung 3) Optimierung der Sharpe-Ratios zu verschiedenen Zeitpunkten
Quelle: FactorResearch

Die Analyse der Gewichte, die sich aus der Optimierung der Sharpe Ratio ergeben, zeigt, dass die Portfolios von der Multi-Faktor-Allokation dominiert wurden, die die höchste Sharpe Ratio (0,6) von vier Anlageklassen aufwies. Es ist jedoch erwähnenswert, dass dieser Anteil im Laufe der Zeit abgenommen hat und das Portfolio diversifizierter geworden ist. Die Aktienquote war bemerkenswert gering und lag in allen Szenarien unter 20 %.

Abbildung 4) Gewichtung der Sharpe-Ratio-optimierten Portfolios zu verschiedenen Zeitpunkten
Quelle: FactorResearch

Eine hohe Sharpe Ratio ist zwar schön aber die meisten Anleger sind in erster Linie an hohen Renditen interessiert. Es ist ein schlechter Ansatz, ein Portfolio auf die höchsten Renditen hin zu optimieren, aber der Neugier halber spielen wir dieses Szenario durch.

Es überrascht kaum, dass ein renditeoptimiertes Portfolio zu 100 % aus Aktien bestehen würde. Natürlich waren dabei in den letzten 20 Jahren Drawdowns von mehr als 50 % zu verzeichnen, so dass diese Strategie für die meisten institutionellen Anleger schwer umsetzbar ist. Außerdem sind die Aussichten für Aktienrenditen angesichts der hohen Bewertungen und des geringen erwarteten Wachstums mittel- bis langfristig gering bis negativ.

Abbildung 5) Gewichtung von Sharpe Ratio- gegenüber renditeoptimierten Portfolios
Quelle: FactorResearch

Zurück zur Frage der Allokation in diese Strategien: Die Performance eines gleichgewichteten Portfolios war mit der eines Sharpe-Ratio-optimierten Portfolios vergleichbar. Allerdings scheitern die meisten Optimierungen außerhalb der Stichprobe, so dass dies von vornherein wenig Sinn macht.

Wir könnten auch den Risk Parity-Ansatz in Betracht ziehen, aber das kann je nach Implementierung eine Hebelwirkung erfordern, die zusätzliche Komplexität mit sich bringt. Der vielleicht beste Ansatz ist der einfachste, nämlich eine Gleichgewichtung.

Die Wertentwicklung eines solchen diversifizierten Portfolios wäre über die Zeit hinweg sehr konstant gewesen, mit Rückschlägen unter 10 %, verglichen mit 55 % für den S&P 500 während der globalen Finanzkrise. Natürlich umfasst diese Analyse theoretische Renditen und schließt Transaktionskosten aus, so dass die Renditen wie alle Backtesting-Renditen abgezinst werden müssen.

Es sollte jedoch ein Portfolio sein, das in verschiedenen Wirtschafts- und Marktumgebungen gut abschneidet, da es ein Investment in Aufwärts- und Abwärtstrends verschiedener Anlageklassen bietet, das menschliche Verhalten ausnutzt und ein Engagement in Aktien und Long-Volatilität ermöglicht.

Abbildung 6) Performance von gleichgewichteten gegenüber Sharpe-Ratio-optimierten Portfolios
Quelle: FactorResearch

WEITERE ÜBERLEGUNGEN

Wie einfach ist es, ein solches Portfolio zu implementieren? Für institutionelle Anleger gibt es nur wenige Hürden für die Umsetzung, da die Produkte leicht verfügbar sind. Für andere Anleger ist es eine Herausforderung, aber nicht unmöglich. In den USA gibt es ETFs, die ein Engagement in trendfolgende und beta-neutrale Multi-Faktor-Investitionen bieten. Am kompliziertesten ist die Long-Volatilitätsstrategie, da es nur wenige Produkte gibt, obwohl die Strategie über Futures nachgebildet werden kann, wenn man Gold und JPY/AUD als Ersatzwerte nimmt.

Die größte Herausforderung besteht darin, dass es sich um ein vorwärts- und nicht um ein rückwärtsgerichtetes Portfolio handelt. Die Aktienposition ist auf eine Minderheitsposition reduziert, und es ist fraglich, ob Anleihen überhaupt enthalten sein sollten, da beide Anlageklassen im Rückspiegel betrachtet gut aussehen.

Im Gegensatz dazu hat keine der drei Diversifizierungsstrategien in den letzten zehn Jahren attraktive Renditen erzielt. Dennoch: Das Glück ist mit den Mutigen.

Der Autor ist Gründer und CEO von FactorResearch. Das Unternehmen bietet quantitative Lösungen für Factor-Investing.

Quellen

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