Artikel von Klaus A. Wobbe, Gründer & Geschäftsführer von Intalcon
Alternative Investments – oft als Zauberformel für bessere Diversifikation und höhere Renditen verkauft – stehen im Zentrum einer neuen, fundamentalen Kritik. Richard M. Ennis, ein Urgestein institutioneller Kapitalmarktforschung, hat mit seinem aktuellen Paper „The Demise of Alternative Investments“ [1] eine schonungslose Bilanz vorgelegt: Hohe Kosten, schwache risikoadjustierte Performance und eine Governance-Struktur, die jede rationale Entscheidung im Keim erstickt. Zeit für eine kritische Reflexion – und ein nüchternes Fazit.
Alternative Investments: Der Preis der Illusion
Laut Ennis liegt die Kostenbelastung eines diversifizierten Alts-Portfolios bei 3 % bis 4 % jährlich – im Vergleich zu weniger als 0,1 % bei Indexfonds. Was erhält man dafür? Meist dieselben Basisrisiken wie bei Aktien und Anleihen – nur verpackt in Intransparenz und Illiquidität. Oder wie David Swensen es einmal sagte: 'It’s just basic arithmetic. It’s not complicated.'

Was liefern Alts wirklich? Spoiler: Weniger als gedacht
Ennis analysiert die drei Säulen alternativer Anlagen – Private Equity, Hedgefonds und Immobilien – mit ernüchterndem Ergebnis:
- Private Equity liefert in PME-Metriken etwa 20 % mehr als der S&P 500 – aber bei einem Beta von 1,8 ist das keine Überrendite, sondern nur höheres Risiko.
- Hedgefonds haben seit 2008 im Schnitt schlechter abgeschnitten als marktnahe Benchmarks.
- Private Immobilien hinken börsengehandelten REITs langfristig um ca. 2,5 Prozentpunkte jährlich hinterher.
Das alles wäre verzeihlich, wären da nicht die Kosten – und die haben es in sich.

Systematische Schwäche: Der Effekt auf das Gesamtportfolio
In einer Langzeitanalyse von 50 US-Pensionsfonds zeigt sich ein klares Bild: Jedes Prozent mehr in Alts senkt den risikoadjustierten Excess Return um 7 Basispunkte. Das heißt: Ein Portfolio mit 40 % Alts performt rund 2,8 Prozentpunkte schlechter – pro Jahr. Das ist kein statistischer Zufall, sondern ein systemisches Problem.

Wenn alle profitieren – außer dem Anleger
Wieso investieren so viele weiter in Alts, trotz enttäuschender Ergebnisse? Die Antwort lautet: Anreize. CIOs und Berater profitieren von Komplexität, von der Gestaltung 'passender' Benchmarks – und von Boni, die daran gemessen werden. Die Kosten tragen andere: Stiftungen, Rentner, Steuerzahler.
Fazit: Die stille Wende hat begonnen
Der Charme der Alternativen Investments hat Kratzer bekommen. Ennis legt den Finger in die Wunde, die viele längst spüren – aber ungern benennen. Wir sehen bereits erste Reaktionen: mehr Indexierung, mehr Kostenkontrolle, mehr Skepsis gegenüber illiquiden Assets.
Der Wandel wird nicht über Nacht kommen. Aber er wird kommen. Und vielleicht ist das größte Kompliment an Ennis’ Arbeit, dass sie einen dringend nötigen Realismus in die Diskussion zurückbringt. Denn wer langfristige Verantwortung trägt, sollte zuerst eines fragen: Was bringt’s – und zu welchem Preis?
Ich empfehle Ihnen, den vollständigen Beitrag „The Demise of Alternative Investments“ von Richard M. Ennis auf seiner Webseite zu lesen.