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29
09
2022

Inflationsgeschützte Anleihen für inflationäre Perioden?

Post by 
Nicolas Rabener
Inflationsgeschützte Anleihen sind nicht stark mit der Inflation korreliert, da ihre Kapitalbeträge mit einer Verzögerung an Änderungen des Verbraucherpreisindex angepasst werden. In diesem Research-Artikel untersucht Nicolas Rabener, Gründer von Factor Research Ltd., London, die Performance von inflationsgeschützten Anleihen im laufenden Jahr 2022.

Zusammenfassung

  • Inflationsgebundene Anleihen gelten als Inflationsabsicherung
  • Sie haben jedoch im Jahr 2022 fast genauso viel verloren wie herkömmliche Anleihen
  • Die Zinssensitivität ist wichtiger als die Inflationssensitivität

Einführung

Laut einer Umfrage des Pew Research Centre vom Mai 2022 ist die Inflation das wichtigste Thema in den USA und für die Bürger wichtiger als Kriminalität, Gesundheitsversorgung oder Einwanderung. Angesichts einer Inflation von fast 10 % in diesem Jahr ist dies nicht überraschend. Leider ist die Beratung, die Anleger zum Umgang mit Inflation erhalten, oft mangelhaft. In einem kürzlich erschienenen Forbes-Artikel wurden beispielsweise fünf Möglichkeiten aufgezeigt, wobei die erste darin bestand, in ein hochverzinsliches Sparkonto zu investieren, das bis zu 1,5 % Zinsen pro Jahr zahlt. Die Inflation betrug im August in den USA 8,3%. Die reale Rendite läge damit bei minus 6,8%.  

Die zweite von Forbes empfohlene Option war die Investition in inflationsgeschützte Anleihen, die auch von professionellen Anlegern häufig genannt wird. In einem früheren Artikel haben wir festgestellt, dass diese Art von festverzinslichen Instrumenten nicht stark mit der Inflation korreliert, da ihre Kapitalbeträge mit einer Verzögerung an Änderungen des Verbraucherpreisindex angepasst werden. Im diesem Beitrag werden wir die Performance von inflationsgebundenen Anleihen im laufenden Jahr 2022 untersuchen.

Wertentwicklung von inflationsgeschützten Anleihen

Anleger können einzelne inflationsgeschützte Anleihen wie Treasury Inflation-Protected Securities (TIPS) direkt oder über ETFs kaufen. Wir konzentrieren uns auf drei ETFs, die ein Engagement in inflationsgebundenen Anleihen der britischen, europäischen und US-amerikanischen Regierungen bieten. Diese verwalten zwischen 800 Millionen und 30 Milliarden USD an Vermögenswerten und erheben Verwaltungsgebühren zwischen 0,09% und 0,19% pro Jahr. Angesichts der hohen Inflation in den meisten Ländern im Jahr 2022 hätten Anleger erwarten können, dass inflationsgebundene Anleihen besser abschneiden und attraktive Diversifizierungsvorteile für traditionelle 60/40-Portfolios bieten, die bislang schlecht abgeschnitten haben. Doch die Performance-Trends waren ähnlich, insbesondere bei europäischen und US-amerikanischen inflationsgebundenen Anleihen, aber keiner dieser ETFs erzielte positive Renditen.

Abbildung 1) Performance inflationsgeschützter Anleihen seit Jahresbeginn
Quelle: FactorResearch

Es wird erwartet, dass Anleihen an Wert verlieren, wenn die Inflation steigt, da die Zentralbanken dazu neigen, die Zinssätze zu erhöhen, was im Jahr 2022 geschehen ist. Inflationsgebundene Anleihen gelten als Diversifikatoren für ein solches Wirtschaftsszenario und sollten sich gut entwickeln. Der britische ETF jedoch, der solche Wertpapiere hält, hat im laufenden Jahr 2022 rund 28% seines Wertes verloren, obwohl die Inflation im Vereinigten Königreich bei über 10% liegt. Eine wirklich - sorry for that - miserable Leistung.

Es scheint, dass die Wertentwicklung von inflationsgebundenen Anleihen nicht mit der Inflation auf allen drei Kapitalmärkten korreliert war.

Abbildung 2) Inflations vs. Performance inflationsgeschützter Anleihen (seit Jahresbeginn)
Quelle: FactorResearch

Langfristige Performance von US TIPS

Die Gegenüberstellung der Wertentwicklung von inflationsgebundenen Anleihen (TIPS) und gewöhnlichen Staatsanleihen in den USA zeigt eine ähnliche Entwicklung in den letzten zehn Jahren. Um jeden Zweifel auszuschließen: TIPS werden ebenfalls von der US-Regierung ausgegeben. Wir stellen fest, dass TIPS im Jahr 2013, als die Inflation auf 1,46% gegenüber 2,07% im Vorjahr zurückging, deutlich schlechter abschnitten, aber auch im Jahr 2021, als die Inflation aufgrund von Lieferkettenproblemen infolge der COVID-19-Krise zu steigen begann, eine bessere Performance erzielten. Die Performance im Jahr 2022 ist jedoch überraschend: Mit ansteigender Inflation hätten Anleger wahrscheinlich eine deutliche Outperformance von TIPS erwartet.

Abbildung 3) Performance inflationsgeschützter Anleihen vs. Staatsanleihen (USA)
Quelle: FactorResearch
Inflationsgebundene Anleihen sind immer noch Anleihen und werden durch steigende Zinssätze negativ beeinflusst, selbst wenn die Inflation steigt.
Factor Research

Faktor-Exposure-Analyse

Um ein besseres Verständnis für die Triebkräfte der Performance zu erhalten, führen wir eine Analyse des Faktor-Exposures durch. Wir verwenden zwei unabhängige Variablen, nämlich die 10-jährige US-Rendite und die 10-jährige US-Breakeven-Inflation. Das R2 liegt bei etwa 0,8, was bedeutet, dass diese beiden Variablen die Wertentwicklung der beiden Arten von festverzinslichen Wertpapieren recht gut erklären.

Wie erwartet, hatten die inflationsgeschützten Anleihen ein höheres Beta zur Breakeven-Inflationsrate als einfache Staatsanleihen. Lässt man den Zeitraum rund um die COVID-19-Krise im Jahr 2020 außer Acht, in dem die inflationsgeschützten Anleihen kurzzeitig um 12% fielen, lag das durchschnittliche Beta bei 0,15, während es bei Staatsanleihen bei null lag.

Abbildung 4) Faktor-Betas zur 10-Jahres-Breakeven-Inflationsrate
Quelle: FactorResearch

Als nächstes beleuchten wir die Sensitivität gegenüber den US-Zinssätzen. Hier stellen wir fest, dass inflationsgeschützte Anleihen zwischen 2013 und 2019 ein niedrigeres Beta aufweisen, d. h. sie reagieren empfindlicher auf Zinsänderungen als Staatsanleihen. Ab März 2020 waren die Betas fast identisch.

Die Anleger hätten bei inflationsgeschützten Anleihen wahrscheinlich eine geringere Zinssensitivität erwartet als bei gewöhnlichen Staatsanleihen, aber das erklärt, warum erstere so schlecht abgeschnitten haben wie letztere. Anders ausgedrückt: Inflationsgebundene Anleihen sind immer noch Anleihen und werden durch steigende Zinssätze negativ beeinflusst, selbst wenn die Inflation steigt.

Abbildung 5) Faktor-Betas zur 10-Jahres-Rendite von US-Staatsanleihen
Quelle: FactorResearch

Weitere Überlegungen

In Anbetracht dieser Ergebnisse stellt sich die Frage, ob inflationsgebundene Anleihen als geeignete Instrumente zur Absicherung gegen die Inflation betrachtet werden sollten. Der oben angesprochene Forbes-Artikel schlägt als dritte und vierte Option Aktien und ein diversifiziertes Portfolio vor, aber dies sind allgemeine Empfehlungen, die für alle Arten von wirtschaftlichen Umfeldern gelten. Portfolios sollten immer diversifiziert sein. Die letzte und fünfte Option ist wahrscheinlich die relevanteste, da sie Rohstoffe einschließt, die laut akademischer Forschung die beste Absicherung gegen Inflation sind. Die langfristige Wertentwicklung von Rohstoffen ist jedoch negativ und nur gelegentlich bieten sie attraktive Diversifizierungsvorteile. Besser ist es, sich über "aktiv gehandelte" (Anmerkung der Redaktion) und trendfolgende Fonds (CTAs) in Rohstoffen zu engagieren, die sowohl von einem inflationären als auch von einem deflationären Umfeld profitieren.

Quellen

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