Haldane stützte sich in seiner Rede vor allem auf die Arbeiten des deutschen Psychologen Gerd Gigerenzer. Dieser plädiert dafür, schnelle und sparsame Entscheidungsregeln oder, wie er es nennt, einfache Heuristiken zu verwenden, um Urteile und Vorhersagen in bestimmten Umgebungen zu treffen. Es gibt unzählige Beispiele für Studien, in denen Gigerenzers Ideen getestet wurden. In einer solchen Studie untersuchten Forscher das Tennisturnier von Wimbledon 2003 und fanden keinen Unterschied in der Qualität der Spielvorhersagen zwischen Laien, die einfach den Namen wählten, den sie erkannten, und den komplexen, computergenerierten Ranglisten. [2] Dies ist als Wiedererkennungsheuristik bekannt.
Ein für Anleger relevanteres Beispiel ist die Portfolio-Optimierung, d. h. die Zusammenstellung von Wertpapieren, die für ein bestimmtes Risikoniveau die besten oder optimalen Renditen erbringen können. Eine Studie hat gezeigt, dass anstelle komplexer, computergesteuerter Optimierungsansätze, die Rendite, Risiko und Korrelationen berücksichtigen, die effektivste Regel 1/n ist, was bedeutet, dass alle verfügbaren Optionen gleich gewichtet werden. [3]
Dies ist der Ansatz, den Harry Markowitz - der Vater der modernen Portfoliotheorie und Träger des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften 1990 - für seine eigenen Investitionen verwendet haben soll.
Warum sollte ein solch scheinbar naiver Ansatz bei einem so komplexen Problem funktionieren? Gigerenzer argumentiert, dass einfache Heuristiken wirksam sind, wenn das Umfeld drei Schlüsselkriterien erfüllt: [4]
1. Ein hohes Maß an Unsicherheit
2. Viele Optionen
3. Kurze Stichprobe
Es ist unglaublich schwierig, in einem komplizierten, unvorhersehbaren Umfeld, in dem es eine große Auswahl an Möglichkeiten und unzureichende historische Daten gibt, optimale Entscheidungen zu treffen. Für die Vergangenheit zu optimieren, bedeutet nicht, für die Zukunft zu optimieren.
Das Investieren erfüllt die drei Kriterien von Gigerenzer. Doch anstatt sich um Einfachheit zu bemühen, überlagern Anleger oft Komplexität auf Komplexität. Es gibt nicht nur eine verwirrende Vielfalt an potenziellen Wertpapieren, Fonds und Anlageklassen, die es zu bewerten gilt; die Märkte, in die wir investieren, sind anpassungsfähig und unvorhersehbar. Warum ziehen die Anleger vor diesem Hintergrund oft die Komplexität der Einfachheit vor? Dafür gibt es vier Hauptgründe:
- Es kann als unpassend oder sogar naiv empfunden werden, ein komplexes Umfeld mit einer einfachen Lösung anzugehen. Um ein kompliziertes, vielschichtiges Problem zu lösen, müssen wir einen ebenso komplizierten Ansatz wählen.
- Wenn wir mit einer komplexen Situation konfrontiert werden, die eine Vielzahl von Variablen und potenziellen Ergebnissen aufweist, kann sich die Gelegenheit, die Antworten zu sehr auszuarbeiten, als unwiderstehlich erweisen. Die Flut des Lärms lässt uns glauben, dass es immer einen besseren Weg gibt.
- Komplexität lässt sich verkaufen, und zwar zu einem höheren Preis als Einfachheit. Es ist schwer, sich selbst, unser Produkt oder unser Unternehmen durch einfache Optionen zu differenzieren.
- Im Nachhinein stellt sich oft heraus, dass die Einfachheit nicht der beste Weg war, denn es gibt immer etwas Ausgefeilteres, das bessere Ergebnisse liefert.
Ein einfacher Ansatz ist kein Allheilmittel; eine unbedachte Entscheidungsregel oder Heuristik kann zu sehr schlechten Ergebnissen führen. Einfachheit ist nicht gleich Wirksamkeit. Wir sollten uns jedoch nicht der Komplexität hingeben. Investoren sollten mit der Einfachheit beginnen und die Dinge nicht komplexer machen, als sie sein müssen.