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03
2022

Trockeneis gegen Austrocknung: Mit Direct Air Capture and Storage den Temperaturanstieg bremsen.

Post by 
Hahzi Hassan
Um die CO2-Konzentration in der Atmosphäre auf das notwendige Niveau reduzieren zu können, bedarf es innovativer Wege. Ein vielversprechender Ansatz ist die Technologie des Direct Air Capture (DAC), die im nachfolgenden Beitrag erläutert wird.

Immer wieder wird der Klimawandel medial thematisiert und führt in einigen Talkshows zu lautstarken Diskussionen. Der Klimawandel und die damit assoziierten Themen polarisieren. Täglich werden wir mit seinen Auswirkungen und Maßnahmen gegen die fortschreitende Erderwärmung konfrontiert. Dass die Bekämpfung des Klimawandels aber nicht individualisiert, sondern systemisch gedacht werden muss zeigen aktuelle Studien. Es sind also grundsätzliche Änderungen in Landwirtschaft, Verkehr etc. notwendig. Vorab sollten wir dennoch klären, weshalb der Klimawandel ständig auf der Debattenagenda steht und wir permanent Apokalypse ähnliche Zukunftsaussichten ertragen müssen.

Die starke Evidenz der Wissenschaft zeigt, dass der Temperaturanstieg gravierende Auswirkungen auf Ökosysteme und somit auf uns Menschen hat. Werden bestimmte Kipppunkte erreicht, lassen sich diese Veränderungen nicht rückgängig machen – die Folgen sind irreversibel. Um das zu vermeiden, haben sich 196 Länder im Rahmen des Pariser Klimaabkommens darauf geeinigt, den globalen Temperaturanstieg auf weniger als 2°C (vorzugsweise 1,5°C) gegenüber den vorindustriellen Werten zu begrenzen. Der Weltklimarat (IPCC) warnt, dass die globale Erwärmung das 2-Grad-Ziel bis zum Ende des Jahrhunderts überschreiten könnte, wenn die CO2- und andere Treibhausgasemissionen nicht drastisch gesenkt würden.

Ein weitverbreiteter Vorschlag, um dem Klimawandel Einhalt zu gebieten, ist das Baumpflanzen. Studien zeigen allerdings, dass die natürliche CO2-Senke der Bäume – entgegen einiger anderer Behauptungen – unzureichend ist. Zwar können Bäume einen Teil des emittierten CO2 einfangen und somit den Klimawandel abmildern, doch muss berücksichtigt werden, dass Bäume unbeständig und arbeitsintensiv sind. Nach dem Ende ihres Lebenszyklusses (Absterben der Bäume) muss sichergestellt werden, dass das freigesetzte CO2 wieder eingefangen wird. Es sind also regelmäßige Überwachung und Wiederaufforstung erforderlich, um die CO2-Senke auf einem bestimmten Niveau halten zu können. Zudem besteht die Gefahr von Waldbränden, die das gespeicherte CO2 wieder in die Atmosphäre freisetzen, die mit steigender Erderwärmung weiter zunimmt.

Um dennoch die CO2-Konzentration in der Atmosphäre auf das notwendige Niveau reduzieren zu können, bedarf es anderer Ansätze. Ein vielversprechender Ansatz ist die Technologie des Direct Air Capture (DAC), die aktiv CO2 aus der Atmosphäre zieht. Dabei durchläuft die Umgebungsluft mithilfe von Ventilatoren eine Anlage, die das CO2 über sogenannte Sorptionsmittel abscheidet.

Es gibt auch einen technologischen Weg, bei dem der Absorptionsschritt von Pflanzen und Algen während ihres Wachstums übernommen wird. Die „Bioenergie mit CO2-Abscheidung und -Speicherung“ (Bio-Energy with Carbon Capture and Storage) stellt eines dieser Verfahren dar. Bei diesem Prozess wird die Biomasse zur Energiegewinnung verbrannt und das dabei entstehende CO2 abgeschieden und sicher gelagert.

BioCORE, ein Projekt des TUM Lehrstuhls für Energiesysteme unter der Leitung von Prof. Hartmut Spliethoff, implementiert ein auf Brennstoffzellen basierendes Verfahren, das die Energie des Biogases effizient nutzen kann. Gleichzeitig liefert das Verfahren einen reinen CO2-Strom, der für die weitere Nutzung oder Speicherung bereitsteht.8

Während die Methoden der CO2-Abscheidung wirksam und etabliert sind, ist dies bei der CO2- Speicherung nicht der Fall. Es ist umstritten, welche Methoden als wirksam, zuverlässig und umweltverträglich gelten könnten. Wie können wir sicherstellen, dass das gespeicherte CO2 nach der Abscheidung nicht wieder in die Luft freigesetzt wird? Eine Möglichkeit ist das Upcycling, bei dem das CO2 bspw. in nachhaltigen Flugzeugtreibstoff (kurzer Lebenszyklus) oder in Baustoffe (langer Lebenszyklus) umgewandelt wird.

In einer Welt mit weitgehender Versorgung aus erneuerbaren Energien können diese Produkte Teil einer CO2-Kreislaufwirtschaft sein. Abhängig vom Lebenszyklus können solche Produkte auch einen mittelfristigen Effekt auf die Klimaerwärmung haben. Allerdings werden zusätzlich zu den Emissionen am Ende des Lebenszyklusses die Emissionen für den Herstellungsprozess freigesetzt, solange die Energieversorgung nicht vollständig aus erneuerbaren Quellen stammt.

Eine Möglichkeit für die dauerhafte CO2-Speicherung ist die geologische Lagerung. Climeworks9 ist ein Schweizer Unternehmen, das mit dem CarbFix-Projekt zusammenarbeitet. Im Rahmen dieses Projekts wird CO2 mit Basaltgestein unter ein Testgelände in Island gepumpt, sodass sich Carbonatmineralien bilden.10 Die geologische Speicherung ist eine naheliegende Option, da die meisten menschenverursachten Emissionen aus fossilen Quellen unter der Erdoberfläche stammen. Allerdings ist eine Herausforderung dieses Ansatzes das sichere und langfristige Verplomben der Bohrlöcher.

Anlage zur CO2 Entfernung
Abbildung 1) Anlage zum Entfernen von CO2 aus der Luft
Quelle: Climeworks (www.climeworks.com)

Im Vergleich zu den beiden angesprochenen Methoden versucht die „TUM Carbon Removal Initiative”, ein studentisches Team der Technischen Universität München, einen Mittelweg zu gehen:

Die Lagerung von CO2 in Form von Trockeneis bietet mittelfristige Lagerung bei vertretbarem Energieeinsatz. Gleichzeitig steht das CO2 fürs Upcycling zur Verfügung, wenn unsere Energieversorgung nachhaltig wird. Das Team umfasst 35 Studierende verschiedener Fachrichtungen, sodass unterschiedliche Perspektiven bei der Entwicklung der Technologie berücksichtigt werden können. Das CO2-Abscheidungsverfahren basiert auf festen Sorptionsmitteln, sogenannten Alkalicarbonaten. Die Umgebungsluft durchläuft speziell angefertigte Luftkontaktoren, um eine möglichst effiziente Abscheidung erzielen zu können. Anschließend wird das CO2 in Trockeneis verwandelt und in wärmeisolierten Lagern gespeichert.

Abbildung 2) Rendering Luftkontaktor & Trockeneislager.
Quelle: TUM Carbon Removal Initiative (www.tumcarbon.com)

Diese Lösung bietet sofortige Abhilfe und hält das Treibhausgas unter gut kontrollierbaren Bedingungen. Da Trockeneis gefrorenes CO2 ist, kann es bei Bedarf leicht zurückgewonnen werden und ist für verschiedene Zwecke verfügbar. Zunächst verschafft diese mittelfristige Lösung mehr Zeit zur wissenschaftlichen Bewertung unterschiedlicher Ansätze, wodurch eine fundierte Abwägung von Langzeitlagerung vs. Upcycling ermöglicht wird. Keine der beiden Optionen ist bei dieser Lösung langfristig ausgeschlossen. Abhängig von der Entwicklung von CO2-Preisen, wissenschaftlicher Einschätzung und Strommarktentwicklung können flexiblere Entscheidungen getroffen werden, während ein Fokus auf einen der beiden Wege zu einem Lock-in-Effekt führen kann.

Das wachsende Interesse an CO2-Abscheidungstechnologien lässt sich unter anderem an Wettbewerben wie dem von Elon Musk finanzierten XPRIZE Wettbewerb (www.xprize.org) erkennen. Der XPRIZE Carbon Removal Wettbewerb ist mit insgesamt $100 Millionen dotiert. Er läuft über mehrere Jahre bis zum Earth Day 2025 und ist in verschiedene Etappen unterteilt. So konnte bspw. BioCORE (www.biocore.tech) erfolgreich an den Student Awards teilnehmen und gehört somit zu einen der insgesamt 23 Student Awards Winner. Während der XPRIZE Wettbewerb international ausgelobt wurde, ist die SprinD Competition ein Bespiel für einen Wettbewerb auf europäischer Ebene. Im Gegensatz zum XPRIZE Wettbewerb soll im Rahmen der SprinD Competition am Ende des Prozesses ein Upcycling-Produkt entstehen.

Auch wenn die Entwicklung von CO2-Abscheidungsverfahren weiter vorangeht, bietet keine der derzeitigen Technologien eine sofortige Lösung für die Begrenzung der globalen Erderwärmung. Um die Anlagen zur Kohlenstoffabscheidung skalieren zu können, sind neben der Dekarbonisierung der Energieversorgung ebenso schnelles Wachstum, Zeit und Geld erforderlich. Wenn diese Skalierung erfolgreich verläuft, werden wir in der Lage sein, relevante Mengen an CO2 zu entfernen und somit einen messbaren Einfluss auf den globalen Temperaturanstieg zu nehmen.

Quellen

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