Das „Spiel“ mit den Informationen
Extreme Marktbewegungen werden oft als irrational bezeichnet und mit Begriffen wie Panik oder Euphorie umschrieben. Tatsächlich können es aber durchaus rationale Motive sein, die zu solchen Entwicklungen führen. Denn wenn Marktteilnehmer bestimmte Informationen haben, geht es nicht nur darum, diese entsprechend des erwarteten Vorteils zu nutzen – es muss auch berücksichtigt werden, dass ihnen andere Akteure zuvorkommen und die Informationen dann bereits eingepreist sein können. Deshalb kann es sinnvoll sein, bereits frühzeitig zu handeln, auch wenn die Informationen noch ungenau oder unsicher sind.
Ein Laborexperiment
Laborexperimente sind wichtig, da es am echten Markt schwierig ist, entscheidende Parameter wie das Timing und die Qualität privater Informationen zu beobachten oder zu messen. Das Modell basiert auf der Annahme, dass eine gewisse Zeit notwendig ist, um gute Informationen über den Wert eines Assets zu sammeln bzw. zu verarbeiten. Alle Informationen, die in der Zwischenzeit von anderen Marktteilnehmern eingepreist werden, reduzieren den potenziellen Gewinn. Entsprechend besteht ein Trade-Off zwischen schnellem Handeln (Rush) und dem Warten auf bessere Informationen (Wait).
In seiner Studie führt Chad Kendall das Experiment deshalb mit diesen beiden Modellvarianten durch:
Rush: Die Informationen sind mit einer moderat hohen Wahrscheinlichkeit (75 Prozent) richtig. Ein schnelles Handeln ist rational und der Theorie nach zu erwarten.
Wait: Die Informationen sind mit einer kaum besseren Wahrscheinlichkeit als der reine Zufall richtig (54 Prozent). Hier ist es rational, zu warten, bis bessere Informationen vorliegen.
Das Laborexperiment läuft wie folgt ab:
Ein Durchlauf erfolgt über acht Perioden, wobei jeder der acht Teilnehmer insgesamt nur genau einen Trade machen muss
Der Startwert ist 0,5 und der Endwert nach acht Perioden entweder 0 oder 1
Im Laufe der Perioden kommen zusätzliche, private oder öffentliche Informationen hinzu, bis das Ergebnis in der achten Periode sicher ist
Um Lerneffekte zu untersuchen und das Verhalten erfahrener Marktteilnehmer zu beleuchten, werden insgesamt 30 Durchläufe absolviert
Das Experiment wird für Rush und Wait jeweils vier Mal durchgeführt (insgesamt 64 Teilnehmer)

Die Teilnehmer müssen in jeder Periode simultan entscheiden, ob sie traden oder warten möchten. Jeder muss innerhalb der acht Perioden genau einmal traden. Dabei sehen die Teilnehmer den Kursverlauf und die Trades der anderen (+1 für Kauf, -1 für Verkauf). Der Kurs wird durch den Computer berechnet und reflektiert fortlaufend sowohl die öffentlich verfügbaren als auch die durch bisherige Trades offenbarten privaten Informationen.
Quelle: Kendall, C. (2020), Market Panics, Frenzies, and Informational Efficiency: Theory and Experiment, S. 86