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29
08
2024

Susanne Bregy zum Thema Impact Investing

Post by 
Susanne Bregy & Daniel Werth
Impact Investing erlangt nach und nach größere Aufmerksamkeit auf den Finanzmärkten. In Deutschland tritt dafür die Bundesinitiative Impact Investing e.V. ein. Susanne Bregy, die neue Geschäftsführerin, erläutert im Gespräch mit Daniel Werth, Geschäftsführer HAMBURG TEAM Investment Management, wie es zu ihrem Engagement in diesem Bereich kam und was sie sich für die Zukunft vorgenommen hat.

Daniel Werth, Geschäftsführer HAMBURG TEAM Investment Management, im Gespräch mit Susanne Bregy, Geschäftsführerin der Bundesinitiative Impact Investing e.V.

Daniel: Liebe Susanne, du hast nach vielen Jahren in der klassi­schen inter­na­tio­nalen Finanz­in­dus­trie seit Anfang dieses Jahres die Verant­wor­tung als Geschäfts­füh­rerin der Bundes­in­itia­tive Impact Inves­ting übernommen. Deine Überzeu­gung zur Konzen­tra­tion auf Impact Invest­ment-Aktivi­täten entstand jedoch bereits früher. Was brachte dich dazu?

Susanne: Danke für diese Frage! Denn die Motiva­tionen, sich auf Impact Inves­ting zu konzen­trieren, sind in meinen Augen immer relevant! Es waren in der Tat subjek­tive und objek­tive Gründe. Ich habe viele Jahre lang für aggres­sive Private Equity und Hedge Fonds gearbeitet, und ich musste leider teilweise mit Menschen arbeiten, die wohl unter­schied­liche morali­sche Grund­auf­fas­sungen hatten. Zu oft war ich in Situa­tionen, in denen das Testo­steron vorherr­schend war, und damit meine ich Gier, Profit­ma­xi­mie­rung, und ganz viele große Egos.

Objektiv hat mich die Weltfi­nanz­krise von 2007 stark ins Grübeln gebracht. Die Verwer­fungen damals waren verhee­rend. Jeder erinnert sich, wo er oder sie waren, als die Nachricht von der Insol­venz von Lehman Brothers kam. Und um nur eine Auswir­kung zu nennen: Aufgrund der Finanz­krise schrumpfte in 2009 das BIP der entwi­ckelten Staaten seit dem Zweiten Weltkrieg zum ersten Mal.

Und das waren die Monate, in denen bei mir eine andere Art des Denkens begann. Wie kann ich Verant­wor­tung und Kapital zusam­men­bringen? Wie kann ich die positive Kraft, die Inves­ti­tionen innewohnen kann, gezielt verfolgen?

Als ich dann 2011 zum ersten Mal den Begriff „Impact Inves­ting“ hörte, wusste ich: Das ist die Antwort auf meine Fragen. Mein Bauch­ge­fühl damals war riesig! Und ich möchte nie wieder in die „alte“ Welt zurückgehen!

"Objektiv hat mich die Weltfi­nanz­krise von 2007 stark ins Grübeln gebracht." (Susanne Bregy)

Die Bundes­in­itia­tive Impact Inves­ting e.V. (BIII) verfolgt als gemein­nüt­ziger Verein die Vision eines regene­ra­tiven Inves­tie­rens und Wirtschaf­tens, das sowohl ökolo­gi­sche Grenzen respek­tiert als auch soziale Standards einhält. Sie sieht Impact Inves­ting als entschei­dendes Instru­ment, um dies zu errei­chen und fördert daher die signi­fi­kante Reallo­ka­tion und Mobili­sie­rung von Kapital in Richtung Impact Inves­ting. HAMBURG TEAM ist seit 2023 aktives Mitglied.Weitere Informationen finden Sie hier https://bundesinitiative-impact-investing.org.

Daniel: Welche Ziele hast du dir für deine neue Tätig­keit gesetzt?

Susanne: Für meine Arbeit bei der Bundes­in­itia­tive Impact Inves­ting habe ich mir vor allem vorge­nommen, das Thema sehr viel stärker in den Mainstream zu bringen. Wir müssen deutlich mehr privates Kapital mobili­sieren, um die drängenden Probleme lösen zu können. Außerdem sollte jede Inves­ti­tion unter Risiko-, Rendite- und Impact-Krite­rien betrachtet werden – es gibt keine neutralen Inves­ti­tionen! Aber auch der Staat sollte mit seinen Möglich­keiten, z.B. regula­to­ri­scher, bürokra­ti­scher oder steuer­li­cher Natur, dazu beitragen, Inves­ti­tionen mit einer positiven Wirkung zu unter­stützen. Und auch die Trans­for­ma­tion der Realwirt­schaft spielt für mich eine wesent­liche Rolle. Auch die Indus­trie muss grün werden. Dazu gehört auch die Immobilienbranche.

Impact Inves­ting (= wirkungs­ori­en­tiertes Inves­tieren) umfasst einen Invest­ment­an­satz, der neben einer finan­zi­ellen Rendite auch eine messbare ökolo­gi­sche und/oder soziale Wirkung (Impact) erzielen möchte. Während klassi­sche ESG-Strate­gien in der Regel versu­chen, negative Auswir­kungen zu vermeiden, suchen Impact Invest­ments gezielt danach, wie man mit kommer­zi­ellen und profi­ta­blen Geschäfts­mo­dellen funda­men­tale Probleme lösen kann. Diese Strate­gien können mit Rendi­te­ver­zicht einher­gehen (Impact First), können durchaus aber auch Markt­ren­diten errei­chen (Finance First).

Daniel: Die Subprime-Krise und die Lehman Brothers-Insol­venz als deren Höhepunkt fielen für mich in die frühe Phase meiner immobi­li­en­wirt­schaft­li­chen Berufs­tä­tig­keit. Ich erinnere mich, dass dies mein Verständnis eines Rendite-Risiko-Verhält­nisses in der Hinsicht prägte, dass es bei jeder Strategie essen­ziell notwendig ist, die mit dem Rendi­te­ziel einher­ge­henden Risiken wirklich zu kennen und bewerten zu können. Da sind uns im Verständnis – in meinen Augen – andere Märkte oftmals etwas voraus.

Susanne: Da sich Impact Inves­ting vor allem im Bereich der Privat­märkte abspielt – Private Equity, Venture Capital, Private Debt, Real Assets – sind uns vor allem die Angel­sachsen voraus, da diese Asset­klassen als Invest­ment­stra­te­gien dort deutlich präsenter sind. Hier in Deutsch­land kam ich oft nicht weiter, weil eben der Zugang zu dieser Asset­klasse fehlt – nicht das Inter­esse an Impact Inves­ting per se. Holland war vor allem auf der grünen Invest­ment­seite lange ein Vorreiter – und die USA sind es immer noch, wenn es um Risiko­ka­pital geht. Hätten Paypal, Uber & Co. in Deutsch­land groß (und finan­ziert) werden können? Ich bezweifle es. Die Bereit­schaft zum Risiko – und auch zum Verlust – ist leider hierzu­lande deutlich geringer.

Daniel: Ein Risiko im Hinblick auf „ESG“-Investments und Impact Invest­ments ist sicher­lich, dass diese Schlag­wörter gern schnell als Vertriebs­ar­gu­mente verwendet werden und sich dann leider oftmals als Etiket­ten­schwindel heraus­stellen. Auch die BaFin hat Green­wa­shing bereits als großes Risiko für erfor­der­liche Trans­for­ma­ti­ons­stra­te­gien bezeichnet. Wie können Kapital­an­le­gern Sorgen vor Green­wa­shing genommen werden?

Susanne: Do your homework! Am Ende des Tages sollte jeder Anleger genau hinschauen, wohin das Invest­ment fließt. Das gilt für die finan­zi­elle Seite – aber genauso für die Wirkungs­seite. Bloß weil „Impact“ drauf­steht, ist noch lange kein „Impact“ drin.

Daniel: Was sind aus deiner Sicht neben eben dieser Notwen­dig­keit der genauen Prüfung einer Inves­ti­ti­ons­stra­tegie weitere wesent­liche Treiber für Impact Inves­ting in Deutsch­land, und welche Rolle spielen dabei regula­to­ri­sche Vorgaben und die Etablie­rung von Standards zur Wirkungs­mes­sung zur weiteren Professionalisierung?

Susanne: Zum Thema Wirkungs­mes­sung (IMM – Impact Measu­re­ment und Manage­ment): Als ich mich 2011 auf das Thema Impact Inves­ting konzen­triert habe, hat fast niemand über IMM gespro­chen. Es war klar, dass die Wirkung auch geplant und festge­halten wird – aber wir waren als Ökosystem noch viel zu jung, um über Themen wie Standar­di­sie­rung nachzu­denken. Da sind wir heute an einem ganz anderen Punkt. Wir müssen IMM global hinkriegen! Welcher Investor und welcher Fonds hat Lust, sich mit unzäh­ligen Vorgaben ausein­an­der­zu­setzen? Hier hat sich enorm viel getan in den letzten Jahren; wir sind auf einem guten Weg.

Und die Regula­torik – Sustainable Finance Disclo­sure Regula­tion (SFDR), Taxonomie, Corpo­rate Sustaina­bi­lity Reporting Direc­tive (CSRD) – ist per se sehr wertvoll, vor allem, da die doppelte Materia­lität gefragt wird – und darauf kommt es schluss­end­lich an („Real World Impact“). Dass die Regula­torik aktuell einfach zu viel ist und damit viele Teilnehmer verschreckt, ist jedoch auch verständ­lich. Deshalb mein Aufruf an die Politik: Ansinnen super, Umset­zung… hm. Bitte besser machen!

Daniel: Impact kostet viel Geld. Meine These ist, dass eine wirkliche Trans­for­ma­tion ohne verstärkte Mobili­sie­rung von insti­tu­tio­nellem Kapital nicht möglich sein wird. Insti­tu­tio­nelles Kapital ist For-Profit-Kapital mit dem Erfor­dernis wettbe­werbs­fä­higer Renditen. Regel­mäßig begegne ich der Wahrneh­mung, dass positive Wirkung immer auch mit Rendi­te­ver­zicht einhergeht.

Susanne: Globaler, sozialer und grüner Impact muss viel Geld, auch privates, mobili­sieren – jedoch kostet Impact Inves­ting keines­falls Rendite. So muss es auch sein, wenn wir Mainstream werden wollen! Und das müssen wir, denn allein die Finan­zie­rungs­lücke der SDGs (Sustainable Develo­p­ment Goals) beträgt geschätzte 4,2 Billionen USD pro Jahr.

Und Impact Inves­ting verdient Geld! Es gibt sicher­lich Strate­gien, bei denen ein Rendi­te­ver­lust akzep­tiert werden muss, aber es gibt deutlich mehr Strate­gien, in denen das nicht der Fall ist. Weltweit sind um die 70% der Impact-Inves­toren nicht gewillt, auf Rendite zu verzichten, wollen aber trotzdem eine hohe Wirkung haben.

Die Überle­gung dahinter ist einfach: Es gibt Probleme, die sich kommer­ziell (besser) lösen lassen und hieraus können Impact Inves­ting-Strate­gien abgeleitet werden. Wo das nicht der Fall ist, muss philan­thro­pi­sches Geld hin.

„In meinen Augen wird das trans­for­ma­tive Poten­zial im Immobi­li­en­sektor noch nicht annähernd ausrei­chend genutzt.“ (Daniel Werth)

Daniel: Wir haben in der Immobi­li­en­wirt­schaft zahlreiche Impact-Handlungs­felder. Dazu gehören insbe­son­dere eine dem sozialen Gefüge zuträg­liche Wohnraum­schaf­fung, die Reali­sie­rung bedarfs­ori­en­tierter Nutzungs- und Infra­struk­tur­kon­zepte (z.B. Bildungs- und Betreu­ungs­ein­rich­tungen, ärztliche Einrich­tungen, aber auch Spiel­plätze etc.) und die energe­ti­sche Trans­for­ma­tion, insbe­son­dere des Gebäudebestandes.

In meinen Augen wird das trans­for­ma­tive Poten­zial im Immobi­li­en­sektor noch nicht annähernd ausrei­chend genutzt. Ich würde die sozio­öko­lo­gi­sche Wirkung in Summe noch als negativ beurteilen.

Susanne: Die Immobi­li­en­wirt­schaft hat einen wahnsinnig großen Hebel! Die Trans­for­ma­tion wird nicht ohne die Immobi­li­en­wirt­schaft erfolg­reich sein! Ob das nachhal­tige und recycelte Baustoffe sind (ich bin ein großer Fan von Cradle to Cradle), die Nutzung von Immobi­lien im grünen und sozialen, bezahl­baren Bereich, aber auch die CO2-Speiche­rung bei der Holzbau­weise – die Themen sind unglaub­lich vielfältig! Und ohne Immobi­lien geht einfach gar nichts!

Daniel: Siehst du in dem aktuell durch geopo­li­ti­sche Spannungen und makro­öko­no­mi­sche Unsicher­heiten geprägten Markt­um­feld eher einen Nährboden aufgrund zuneh­mender Sensi­bi­li­sie­rung oder eine Brems­wir­kung für Impact Investing?

Susanne: Mein Glas ist halbvoll! Auch wenn angst­ge­trie­bene Kapital­märkte nie gut sind für „unsere“ Invest­ments denke ich, dass das geopo­li­ti­sche Umfeld – vielleicht sogar die Covid-Pandemie – Menschen zum Nachdenken bringt und dass da der eine oder andere Gedanke auch in Richtung nachhal­tiges Inves­tieren geht.

Daniel: Vielen Dank für das Gespräch, wir freuen uns sehr auf das gemein­same weitere Engagement!

Quellen

Susanne Bregy: ©Privat

Daniel Werth: ©Sinje Hasheider

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