Dieses Interview ist zuerst erschienen im Impact Investing Magazin - https://www.impactinvestings.de/
Interview mit Dr. Eckart von Hirschhausen:
Von „Gesunde Erde – Gesunde Menschen“ und „Enkelfähigkeit“ zum Impact Investing!
Impact Investing Magazin:
Herr von Hirschhausen, Sie sind sehr bekannt geworden durch medizinisches Kabarett, aber Sie gehen wesentlich weiter: neben der Medizin thematisieren Sie positive Psychologie, soziales Engagement, Glück, die Klimakrise und Social Business: Was ist Ihr übergeordnetes Ziel und wie wollen Sie das erreichen?
Eckart von Hirschhausen:
Menschen verändern sich durch authentische Begegnung. Bei mir war das die Begegnung mit Jane Goodall, der Schimpansenforscherin. Mitten im Interview drehte sie die Rollen um, schaute mich an aus diesen weisen, alten und etwas melancholischen Augen, und stellte mir diese Frage: „Wenn wir Menschen ständig betonen, wir sind die intelligenteste Spezies auf diesem Planeten – warum zerstören wir dann unser eigenes Zuhause?“
Da habe ich geschwiegen, geschluckt und verstanden: Das ist die zentrale Frage, der wir uns alle stellen müssen. Das ist die Überlebensfrage im 21 Jahrhundert. Und ich will meinen Beitrag dazu leisten, dass wir bessere Antworten finden als bisher.
Impact Investing Magazin:
Ihre Stiftung „Gesunde Erde – Gesunde Menschen (GEGM)“ setzt sich dafür ein, den Zusammenhang zwischen Klima- und Gesundheitsschutz zu kommunizieren. Warum sind Ihnen diese beiden Themen so wichtig und welche Auswirkungen haben Umweltfaktoren konkret auf die menschliche Gesundheit?
Eckart von Hirschhausen:
Als Arzt geht es mir um die Frage, wie Menschen ein gutes und gesundes Leben führen können. Die Klimakrise ist das größte Risiko für unsere Gesundheit im 21. Jahrhundert. Weil wir nicht die Krone der Schöpfung sind und über der Natur stehen, sondern Teil von ihr sind. Wenn wir das begreifen und – das ist entscheidend – auch danach handeln, haben wir eine Chance, das Ruder noch rumzureißen. Die gravierenden Folgen des Klimawandels und des Artensterbens für unsere Gesundheit sind keine Gefahr, die in der Zukunft liegt. Wir erleben schon jetzt, wie Hitzewellen, Dürren, aber auch der schwindende Lebensraum für Tiere und Pflanzen unsere Gesundheit negativ beeinflusst. Werden die Tiere krank, übertragen sie diese Erreger auf uns. Das hat nicht zuletzt die Coronavirus-Pandemie verdeutlicht. Für uns in Europa stellt Hitze die größte unmittelbare Gefahr da: Klimakrise ist wie Sauna, ohne Tür. Auf Dauer nicht wirklich entspannt. Und auch nicht lustig.
Impact Investing Magazin:
Ihre Stiftung GEGM zielt zudem darauf ab, die Transformation von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft in Richtung Nachhaltigkeit zu unterstützen. Könnten Sie einige konkrete Beispiele dafür geben, wie Ihre Stiftung diese Ziele umsetzt?
Eckart von Hirschhausen:
Wir haben eine Jahrhundertaufgabe vor der Nase, für die wir nicht mal mehr ein Jahrzehnt Zeit haben. Deshalb pflanzen wir Ideen, weil die schneller wachsen als Bäume. Wir aktivieren mit Vorträgen, Workshops und Publikationen die Beschäftigten des Gesundheitswesens mehr über die gesundheitlichen Folgen der Klimakrise zu kommunizieren. Wenn die zu dem Thema sprechen, wird klar: Es geht unmittelbar um uns Menschen und unser Wohlbefinden. Darüber hinaus sprechen wir mit der Politik, denn die großen Hebel sind politisch. Wenn wir nicht die politischen Rahmenbedingungen für Energieerzeugung, Verkehr, Landwirtschaft, Finanzindustrie und Baubranche verändern, kannst du sehr lange deine Bambuszahnbürste nutzen, die Zähne werden sauber, aber nicht die Luft.
Mit unseren öffentlichkeitswirksamen Kampagnen, bei denen wir immer wieder auch bekannte Gesichter und Influencer einbinden, um ein Millionenpublikum zu erreichen, und mit unseren Social-Media-Kanälen wollen wir zudem die schweigende Mehrheit dazu bewegen, den Mund aufzumachen und die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen zur Rettung unserer Lebensgrundlagen einzufordern. Das wird gerade in einer zunehmend aufgeheizten und mit vielen Falschinformationen durchzogenen Debatte immer wichtiger. Ich freue mich sehr, dass mich bei der Stiftung mittlerweile ein ganzes Team von Expert:innen aus ganz unterschiedlichen Bereichen unterstützt, denn: Es ist schwer, die Welt ehrenamtlich zu retten, wenn andere sie hauptberuflich zerstören.
Impact Investing Magazin:
In Ihrem Buch „Mensch Erde“ schreiben sie: „Wir müssen nicht das Klima retten – sondern uns. Für unsere Gesundheit brauchen wir Menschen als Allererstes etwas zu essen, zu trinken, zu atmen – und erträgliche Außentemperaturen.“… wie wichtig sind in diesem Zusammenhang für Sie die SDGs (UN Sustainable Development Goals)?
Eckart von Hirschhausen:
Sehr wichtig! Die SDGs, also die Nachhaltigkeitsziele, und das Konzept der Planetaren Gesundheit basieren auf derselben Idee und zielen auf dasselbe ab: In einer globalisierten und auf vielfältige Weise miteinander verschränkten Welt kann es uns nur gut gehen, wenn alles in Balance ist. Einem CO2-Molekül ist es egal, in welchem Land der Schornstein steht, aus dem es geflogen kam, und Viren nehmen keine Rücksicht auf Landesgrenzen. Kurz gesagt: Wir schaffen es gemeinsam – oder gar nicht. Deshalb bin ich auch stolz darauf, für das Entwicklungsministerium Botschafter für das SDG 3 „Gesundheit und Wohlergehen“ sein zu dürfen. Die SDGs stellen dabei eine wichtige Grundlage für die internationale Politik: Alle 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen sind dabei und die Umsetzung der Ziele wird überprüft.
Dieses Jahr ziehen wir die Halbzeitbilanz der SDGs, das Ergebnis ist ernüchternd: Die Weltgemeinschaft ist nur bei 12 % der Zielvorgaben auf dem richtigen Weg. In Deutschland sieht es besser aus: Bei knapp der Hälfte der Zielvorgaben ist der Trend positiv, jedoch gibt es einige Sorgenkinder: die Stickstoffbelastung der Böden ist viel zu hoch, genauso wie die Adipositasquote von Erwachsenen oder auch der Endenergieverbrauch im Güter- und Personenverkehr. Für die zweite Halbzeit müssen wir uns also noch einmal richtig anstrengen! Da setzen wir an und machen immer wieder Druck, dass Deutschland als Vorreiter zeigt, wie viel schöner und gesünder es doch ist, in einer nachhaltigeren Welt zu leben.