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22
02
2024

Interview mit Dr. Eckart von Hirschhausen

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Dr. Eckart von Hirschhausen
Anlässlich des Enkelfähig Summit auf dem Haniel Campus in Duisburg am 7./8. September und des Impact Festivals 2023 am 13./14. September in Offenbach konnte das Impact Investing Magazin mit Dr. Eckart von Hirschhausen zu seiner Stiftung „Gesunde Erde – Gesunde Menschen“ und auch zu dem Thema „Enkelfähigkeit“ austauschen. Wie diese Themen mit Impact Investing zusammenhängen, lesen Sie in dem exklusiven Interview, das der geschäftsführende Gesellschafter der Impact Investings Media GmbH, Peter Brock, geführt hat.

Dieses Interview ist zuerst erschienen im Impact Investing Magazin - https://www.impactinvestings.de/

Interview mit Dr. Eckart von Hirschhausen:
Von „Gesunde Erde – Gesunde Menschen“ und „Enkelfähigkeit“ zum Impact Investing!

Impact Investing Magazin:

Herr von Hirschhausen, Sie sind sehr bekannt geworden durch medizinisches Kabarett, aber Sie gehen wesentlich weiter: neben der Medizin thematisieren Sie positive Psychologie, soziales Engagement, Glück, die Klimakrise und Social Business: Was ist Ihr übergeordnetes Ziel und wie wollen Sie das erreichen?

Eckart von Hirschhausen:

Menschen verändern sich durch authentische Begegnung. Bei mir war das die Begegnung mit Jane Goodall, der Schimpansenforscherin. Mitten im Interview drehte sie die Rollen um, schaute mich an aus diesen weisen, alten und etwas melancholischen Augen, und stellte mir diese Frage: „Wenn wir Menschen ständig betonen, wir sind die intelligenteste Spezies auf diesem Planeten – warum zerstören wir dann unser eigenes Zuhause?“

Da habe ich geschwiegen, geschluckt und verstanden:  Das ist die zentrale Frage, der wir uns alle stellen müssen. Das ist die Überlebensfrage im 21 Jahrhundert. Und ich will meinen Beitrag dazu leisten, dass wir bessere Antworten finden als bisher.

Impact Investing Magazin:

Ihre Stiftung „Gesunde Erde – Gesunde Menschen (GEGM)“ setzt sich dafür ein, den Zusammenhang zwischen Klima- und Gesundheitsschutz zu kommunizieren. Warum sind Ihnen diese beiden Themen so wichtig und welche Auswirkungen haben Umweltfaktoren konkret auf die menschliche Gesundheit?

Eckart von Hirschhausen:

Als Arzt geht es mir um die Frage, wie Menschen ein gutes und gesundes Leben führen können. Die Klimakrise ist das größte Risiko für unsere Gesundheit im 21. Jahrhundert. Weil wir nicht die Krone der Schöpfung sind und über der Natur stehen, sondern Teil von ihr sind. Wenn wir das begreifen und – das ist entscheidend – auch danach handeln, haben wir eine Chance, das Ruder noch rumzureißen. Die gravierenden Folgen des Klimawandels und des Artensterbens für unsere Gesundheit sind keine Gefahr, die in der Zukunft liegt. Wir erleben schon jetzt, wie Hitzewellen, Dürren, aber auch der schwindende Lebensraum für Tiere und Pflanzen unsere Gesundheit negativ beeinflusst. Werden die Tiere krank, übertragen sie diese Erreger auf uns. Das hat nicht zuletzt die Coronavirus-Pandemie verdeutlicht. Für uns in Europa stellt Hitze die größte unmittelbare Gefahr da: Klimakrise ist wie Sauna, ohne Tür. Auf Dauer nicht wirklich entspannt. Und auch nicht lustig.

Impact Investing Magazin:

Ihre Stiftung GEGM zielt zudem darauf ab, die Transformation von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft in Richtung Nachhaltigkeit zu unterstützen. Könnten Sie einige konkrete Beispiele dafür geben, wie Ihre Stiftung diese Ziele umsetzt?

Eckart von Hirschhausen:

Wir haben eine Jahrhundertaufgabe vor der Nase, für die wir nicht mal mehr ein Jahrzehnt Zeit haben. Deshalb pflanzen wir Ideen, weil die schneller wachsen als Bäume. Wir aktivieren mit Vorträgen, Workshops und Publikationen die Beschäftigten des Gesundheitswesens mehr über die gesundheitlichen Folgen der Klimakrise zu kommunizieren. Wenn die zu dem Thema sprechen, wird klar: Es geht unmittelbar um uns Menschen und unser Wohlbefinden. Darüber hinaus sprechen wir mit der Politik, denn die großen Hebel sind politisch. Wenn wir nicht die politischen Rahmenbedingungen für Energieerzeugung, Verkehr, Landwirtschaft, Finanzindustrie und Baubranche verändern, kannst du sehr lange deine Bambuszahnbürste nutzen, die Zähne werden sauber, aber nicht die Luft.

Mit unseren öffentlichkeitswirksamen Kampagnen, bei denen wir immer wieder auch bekannte Gesichter und Influencer einbinden, um ein Millionenpublikum zu erreichen, und mit unseren Social-Media-Kanälen wollen wir zudem die schweigende Mehrheit dazu bewegen, den Mund aufzumachen und die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen zur Rettung unserer Lebensgrundlagen einzufordern. Das wird gerade in einer zunehmend aufgeheizten und mit vielen Falschinformationen durchzogenen Debatte immer wichtiger. Ich freue mich sehr, dass mich bei der Stiftung mittlerweile ein ganzes Team von Expert:innen aus ganz unterschiedlichen Bereichen unterstützt, denn: Es ist schwer, die Welt ehrenamtlich zu retten, wenn andere sie hauptberuflich zerstören.

Impact Investing Magazin:

In Ihrem Buch „Mensch Erde“ schreiben sie: „Wir müssen nicht das Klima retten – sondern uns. Für unsere Gesundheit brauchen wir Menschen als Allererstes etwas zu essen, zu trinken, zu atmen – und erträgliche Außentemperaturen.“… wie wichtig sind in diesem Zusammenhang für Sie die SDGs (UN Sustainable Development Goals)?

Eckart von Hirschhausen:

Sehr wichtig! Die SDGs, also die Nachhaltigkeitsziele, und das Konzept der Planetaren Gesundheit basieren auf derselben Idee und zielen auf dasselbe ab: In einer globalisierten und auf vielfältige Weise miteinander verschränkten Welt kann es uns nur gut gehen, wenn alles in Balance ist. Einem CO2-Molekül ist es egal, in welchem Land der Schornstein steht, aus dem es geflogen kam, und Viren nehmen keine Rücksicht auf Landesgrenzen. Kurz gesagt: Wir schaffen es gemeinsam – oder gar nicht. Deshalb bin ich auch stolz darauf, für das Entwicklungsministerium Botschafter für das SDG 3 „Gesundheit und Wohlergehen“ sein zu dürfen. Die SDGs stellen dabei eine wichtige Grundlage für die internationale Politik: Alle 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen sind dabei und die Umsetzung der Ziele wird überprüft.

Dieses Jahr ziehen wir die Halbzeitbilanz der SDGs, das Ergebnis ist ernüchternd: Die Weltgemeinschaft ist nur bei 12 % der Zielvorgaben auf dem richtigen Weg. In Deutschland sieht es besser aus: Bei knapp der Hälfte der Zielvorgaben ist der Trend positiv, jedoch gibt es einige Sorgenkinder: die Stickstoffbelastung der Böden ist viel zu hoch, genauso wie die Adipositasquote von Erwachsenen oder auch der Endenergieverbrauch im Güter- und Personenverkehr. Für die zweite Halbzeit müssen wir uns also noch einmal richtig anstrengen! Da setzen wir an und machen immer wieder Druck, dass Deutschland als Vorreiter zeigt, wie viel schöner und gesünder es doch ist, in einer nachhaltigeren Welt zu leben.

Es ist schwer, die Welt ehrenamtlich zu retten, wenn andere sie hauptberuflich zerstören.
Dr. Eckart von Hirschhausen

Impact Investing Magazin:

… und in welche Themenfelder müssten wir die globalen Finanzströme vorrangig investieren, damit Mensch und Erde gerettet werden könnten? Wie sehen Sie persönlich die Rolle von Impact Investing in Bezug auf die Förderung von Klimaschutz und Gesundheitsschutz, aber auch den sozialen und Governance-Themen?

Eckart von Hirschhausen:

Wer Vermögen hat oder verwaltet, hat einen riesigen Hebel. Werden weiter Millionen und Milliarden in alte Geschäftsmodelle investiert, die unsere Erde zerstören? Oder setzen wir auf nachhaltige Ideen, die eine lebenswerte Zukunft sichern. Vermögen bedeutet nicht, auf seinem Geld zu hocken, sondern etwas zu bewegen. Ob Energiewende, Mobilitätssektor oder Landwirtschaft: in allen Bereichen müssen wir auf gesündere Lösungen umstellen, die skalierbar sind. Dafür braucht es entsprechende Investitionen. Wenn man sich fragt, warum bisher in diese Richtung nicht genug passiert, kommt man an einer unschönen Tatsache nicht vorbei: es gibt Leute, die davon profitieren, dass wir weiter von Öl, Kohle und Gas abhängig sind und die massiv die letzten Jahrzehnte Veränderungen gebremst und verhindert haben.

Im Buch „Die Klimaschmutzlobby“ ist das sehr gut erklärt, auch in dem Film „The Merchants of Doubt“. Die Lobby der Vergangenheit ist also gut organisiert – und finanziert. Meine Stiftung agiert als Interessenvertretung der planetaren Gesundheit – wir sind die Lobby der Zukunft. Damit sind wir zum Glück nicht allein und gewinnen kontinuierlich neue Mitstreiter:innen aus allen Bereichen der Gesellschaft. Auch aus der Wirtschaft. Wer ins Agendasetting für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen investiert, erhält die beste Rendite: bessere Rahmenbedingungen für nachhaltiges Wirtschaften und die Chance auf eine enkelfähige Zukunft. Teil der Lösung zu werden, fühlt sich verdammt gut an. Als Einzelne und als Gesellschaft müssen wir uns fragen, was uns wirklich wichtig ist und was uns das wert ist.

Impact Investing Magazin:

Wir trafen und sprachen uns auf dem Enkelfähig Summit von Haniel und auf dem Impact Festival: was verstehen Sie unter Enkelfähigkeit einerseits und Impact Investing andererseits und was hat Sie dazu bewogen, sich an diesen beiden Festivals zu beteiligen?

Eckart von Hirschhausen:

Wir brauchen Impact aus allen Bereichen der Gesellschaft. Auch die Wirtschaft muss Veränderungen anstoßen und sich selbst verändern. Deshalb nutze ich gerne Gelegenheiten, um mit den Menschen in Austausch zu kommen, die Entscheidungen treffen können und mit gutem Beispiel vorangehen. Enkelfähigkeit und Impact Investing sind verbunden durch eine Frage, die gerade in der zweiten Lebenshälfte immer wichtiger wird: Was möchte ich eigentlich hinterlassen? Wer Geld investiert, erhofft sich eine Rendite und dahinter liegt oft das Bedürfnis nach finanzieller Sicherheit für sich und seine Liebsten.

Aber: Kein Mensch kann sich seine eigene Außentemperatur kaufen, noch nicht einmal ein Privatversicherter. Wer glaubt, dass Geld allein Sicherheit bietet, kann ja mal versuchen, sein Geld zu zählen, während er die Luft anhält. Wir sind biologische Wesen und können uns aus unserer Naturhaftigkeit nicht freikaufen. Deshalb wiederhole ich, was ich schon gesagt habe: Vermögen bedeutet, etwas zu bewegen vermögen. Wer dieses Privileg genießt, sollte sich der damit verbundenen Verantwortung stellen. Denn unsere Kinder, Enkel und nachfolgenden Generationen werden uns fragen: Was habt ihr damals gewusst, was stand in eurer Macht und was habt ihr getan?

Impact Investing Magazin:

In Ihrem Ansatz zur Klimakommunikation betonen Sie, dass es nicht nur um Fakten, sondern auch um emotionale Ansprache geht. Könnten Sie erläutern, wie Sie versuchen, Kopf und Herz gleichermaßen anzusprechen, um Bewusstseinsänderungen zu bewirken? … schließlich wissen wir schon lange um die drohende Klimakatastrophe, aber es wird viel zu wenig getan.

Eckart von Hirschhausen:

Der Klimawandel ist menschengemacht. Daran besteht kein Zweifel. Wir sollten das als gute Nachricht begreifen. Denn das bedeutet: Wir können als Menschen den Klimawandel noch aufhalten, solange Kipppunkte nicht überschritten wurden. Was bislang in der Debatte fehlte, ist: das Wozu. Das positive Narrativ. Die Lust auf Zukunft. Denn was wollen alle: Gesundheit! Quer durch Parteien, Altersgruppen und Hintergründe. Dieses Ziel eint uns, und berührt uns mehr als abstrakte „Reduktionsziele“. Als Arzt finde ich es immer überraschend, dass die Dinge, die dem Planeten guttun, uns selbst am meisten nutzen! Wer Rad fährt, statt im Stau zu stehen, tut sich selbst das Beste. Und wer mit einer guten pflanzlichen Ernährung und ein paar Essenspausen merkt, mit wie wenig der Körper schon zufrieden ist, wenn man ihm Pausen gibt zu verdauen und aufzuräumen, lebt länger und leichter.

Wenn wir nicht nur über Verzicht und Verbote sprechen, sondern über die vielen wunderbaren noch nicht genutzten Möglichkeiten, die sich uns im Moment der notwendigen Veränderung bieten, entsteht eine ganz andere Stimmung. Es geht um unser Überleben – das sollte uns nicht in Schockstarre versetzen, sondern motivieren. Wir könnten es schöner haben – und gesünder.

Impact Investing Magazin:

Abschließende Frage: Bei Ihrer großen öffentlichen Präsenz, hätten Sie nicht Interesse, als Leuchtturm (Investor) und Vorbild für Impact Investing noch mehr dafür zu sorgen, dass das Thema im DACH-Raum stärker in der Breite und in der Finanzwelt akzeptiert würde? … alle Anhänger des Impact Investing – oder welchen Begriff auch immer wir dafür wählen – wären Ihnen sehr dankbar!

Eckart von Hirschhausen:

Ja, das mache ich schon. Bei Vorträgen spreche ich regelmäßig über das Thema und versuche Bewusstsein dafür zu schaffen, dass das Geld, das wir fürs Alter zurücklegen, so angelegt sein sollte, dass unsere Lebensgrundlagen auch noch erhalten sind, wenn wir in Rente gehen. Ich selbst habe zum Beispiel in den Burning Issues Impact Fund investiert, bin aktiv auf der Plattform bcause, ein Fintech-Startup, das gemeinnützige Spenden und Impact Investing vereinfacht, und bin Mitglied des Beirats der gemeinnützigen Aktiengesellschaft phineo.

Impact Investing Magazin:

Vielen Dank lieber Eckart, Dr. Eckart von Hirschhausen, für die äusserst informativen Vorträge und mitreißenden Impulsreferate auf den genannten Veranstaltungen und das gute und anregende Gespräch mit dem Impact Investing Magazin. Wir freuen uns sehr, dass Themen wie Enkelfähigkeit und auch die Aktivitäten der Stiftung „Gesunde Erde – Gesunde Menschen“ zukünftig auch in Richtung des Impact Investing zu einem gemeinsamen Fokus zusammenkommen. Das Prinzip des Impact Investing ist nicht einfach zu erläutern und sicher werden auch in Zukunft Ihre vielfältigen Aktivitäten helfen, mehr Kapital zu allokieren in Themen, die sowohl für die Welt als auch den Menschen eine positive Entwicklung unterstützen. Nochmals vielen Dank! Das Gespräch führte Peter Brock, geschäftsführender Gesellschafter der Impact Investings Media GmbH.

Hier geht's zur Stiftung Gesunde Erde – Gesunde Menschen: https://stiftung-gegm.de

Die vollständige Keynote von Dr. Eckart von Hirschhausen auf dem Impact Festival finden Sie hier: https://www.youtube.com/watch?v=lGn1xDt4j24

Quellen

Foto-Credit: Dominik Butzmann

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