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28
09
2023

Impact Investing - relevant für Stiftungen?

Post by 
Dr. Lukas Adams
90 Prozent aller Stiftungen verfolgen einen gemeinnützigen Zweck. Stifter wollen mit ihrem Vermögen insbesondere positiv auf die Gesellschaft wirken. Mehr als 50 Prozent der Stiftungen in Deutschland haben sich diesem Ziel verschrieben. Ein gemeinwohlgefährdender Stiftungszweck ist sogar untersagt. Um Stiftungstätigkeiten zu finanzieren, erscheinen sozial oder ökologisch wirkungsvolle Investitionen (Impact Investments) daher als eine naheliegende Option. Doch nutzen Stiftungen diese Option auch? Ist Impact Investing ein geeigneter Anlageansatz, um die Stiftungstätigkeit zu finanzieren? Was spricht dafür? Was dagegen? Eine Einordnung.

Artikel von Dr. Lukas Adams, Leiter Vermögensmanagement bei der GLS Bank

Relevanz von Nachhaltigkeit bei Stiftungen gering ausgeprägt

Es mag für Außenstehende überraschen, doch Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage hat in der Vergangenheit für Stiftungen keine hohe Bedeutung gehabt. Vorrangige Stiftungsziele bei der Geldanlage sind vor allem Substanzerhalt und Ausschüttungsfähigkeit. Dieser Fokus sowie ein geringes Angebot an nachhaltigen Anlageangeboten, fehlende Standardisierung oder mangelndes Wissen und Ressourcen zur Umsetzung haben dazu beigetragen, sich vor allem auf ökonomische Faktoren zu konzentrieren.

Es ist kaum verwunderlich, dass die Datenlage dünn ist. 2020 hat die Bundesinitiative Impact Investing herausgefunden, dass Stiftungen mit einem Anteil von 75 Prozent die wichtigste Investorengruppe bei nachhaltigen Investments im weitesten Sinne darstellen (Gesamtvolumen 6,5 Mrd. Euro). Geht es jedoch um dezidierte Impact-Investing-Strategien sieht das Bild anders aus. Bei Finance-First-Strategien, bei denen Investoren sowohl eine positive Wirkung als auch eine marktübliche Rendite anstreben, sind Stiftungen nur mit 20 % vertreten (Gesamtvolumen 2,8 Mrd. Euro). Impact-First-Strategien sind am Markt kaum vorhanden (62 Mio. Euro).

Fragen nach Haftung und Rendite bremsen Bereitschaft zu Impact Investments

Woran liegt dieses geringe Interesse an Impact Investments? Nach unserer Erfahrung schrecken Stiftungen häufig vor Impact Investments zurück. Eine Ursache liegt in der häufig anzutreffenden Annahme nachhaltige Investments allgemein seien weniger profitabel oder im Falle von Impact Investments sogar risikobehafteter als konventionelle Investments. Vor allem wegen des hohen Risikos fürchten nicht wenige Stiftungsorgane, bei Verlusten in die Haftung genommen zu werden. Dies ist für Impact Investments sehr relevant, da diese traditionell über alternative Assets – Private Equity, Private Debt – realisiert werden.
Während das erste Argument wissenschaftlich als widerlegt gilt (u.a. Studie von Bassen/Friede), ist das zweite Argument umstritten. Wichtig ist darauf hinzuweisen, dass die Stiftungsrechtsreform, welche am 1. Juli 2023 in Kraft getreten ist, mit der sog. „Business Judgement” Rule eine höhere Haftungssicherheit bietet. Sie besagt, dass Stiftungsorgane nicht für Anlagefehlentscheidungen haften, sofern sie das Gesetz und ihre Satzung beachtet und zum Wohle der Stiftung gehandelt haben. Entscheidend ist dabei die Dokumentation. Eine Satzung alleine reicht nicht aus. Notwendig sind auch eigene Anlagerichtlinien. Mehr als 70 Prozent der Stiftungen haben bereits eine Richtlinie verabschiedet. In ihr können Stiftungen konkretisieren, in welche Assetklassen sie investieren und wie sie das Vermögen diversifizieren. Ebenfalls können sie darin definieren, ob sie mit ihrer Kapitalanlage auch sozial-ökologische wirkungsvolle Investitionen anstreben, die mit der Stiftungstätigkeit im Einklang stehen.

Stiftungen zeigen sich in ihrer Asset Allokation (noch) konservativ

Stiftungen zeigen sich in ihrer Asset Allocation häufig konservativ, auch wenn es keine regulatorischen Anlagebeschränkungen gibt. Im Durchschnitt sind mehr als die Hälfte der Stiftungsportfolien nach Angaben der GAC GmbH von 2019 in Rententitel allokiert. 20 Prozent der Portfolien bestehen aus Aktienpositionen, wobei die Aktienquote zwischen 0 und deutlich über 40 Prozent schwankt. Immobilien sind ebenfalls beliebt, da sie Werterhalt und laufende Erträge versprechen. Mehr als jede dritte Stiftung investiert mindestens ein Fünftel ihrer Anlagen in diese Assetklasse. Auch alternative Investments gewinnen an Bedeutung, jedoch machen sie nur einen geringen Anteil am Portfoliomix aus. Neben einer Private Equity Allokation finden sich in den Portfolios auch Infrastruktur- und Mikrofinanz-Investitionen.

US-Universitäten machen es vor: Alternative Investments als Renditebringer

Dabei könne sich alternative Investments langfristig durchaus auszahlen, wie das Beispiel US-amerikanischer Elite-Universitäten zeigt, die sich häufig über ihre Stiftungen finanzieren. Diese Stiftungen haben ihr Engagement in Aktien und Anleihen über die Jahre sukzessive reduziert und mehr Kapital in alternative Investments wie Private Equity oder Real Assets gelenkt – im Zeitraum von 2002-2021 stieg die entsprechende Anlagequote von 32 Prozent auf 59 Prozent. 2021 erzielten sie eine Performance von 30,6 Prozent, so die Auswertung der National Association of College and University Business Offers (Nacubo). Zum Vergleich: Der MSCI World stieg im gleichen Zeitraum um „nur“ 20 Prozent. Natürlich ist der Investitionsansatz nicht 1:1 übertragbar auf deutsche Stiftungen, zeigt jedoch die Potenziale alternativer Investments. Schließlich sind sie den Schwankungen der Kapitalmärkte weniger ausgesetzt. Besonders in Zeiten sehr dynamischer Zinsbewegungen ist dies eine wichtige Eigenschaft, die auch für Stiftungen eine gesunde Diversifizierung im Portfolio ermöglicht. Zur weiteren Risikostreuung wären dabei auch Private Equity Dachfonds-Konzepte eine Überlegung wert.

Reputationsschutz und Regulatorik als weitere Treiber

Eine glaubwürdige Umsetzung von Nachhaltigkeit und Impact Investing lohnt sich auch, um keine schlechte Presse zu riskieren. Denn je bedeutender das Thema Impact Investing wird, umso stärker nehmen auch NGOs wie u.a. Facing Finance die Anlagepolitik von Stiftungen unter die Lupe. Aufgrund der zunehmenden Transparenz birgt dies ein hohes Reputationsrisiko für Stiftungen. 2022 kam Facing Finance zum Schluss, dass mehr als die Hälfte der 38 größten deutschen Stiftungen keine Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen. Die NGO monierte, dass sie auf den Websites kaum Informationen zur Nachhaltigkeit gefunden habe und folgerte, dass kontroverse Stiftungs-Investitionen nicht auszuschließen seien. Sie veröffentlichte einen Leitfaden, wie Stiftungen sich dem Thema Nachhaltigkeit nähern konnte. Richtig angewendet, so das Fazit, können Stiftungen durch Impact-Investments bereits mit der Vermögensanlage den Stiftungszweck unterstützen.

Zum Schluss noch der Blick durch die Sustainable Finance-Brille: Auch wenn aktuell nicht unmittelbar betroffen, so wirkt der EU Action Plan on Sustainable Finance auch mittelbar auf Stiftungen. Vor allem große Stiftungen mit professionellen Anlagemanagement werden Antworten darauf geben müssen, wie sie zur Bewahrung des Stiftungsvermögens auch Nachhaltigkeitsrisiken integrieren (und nicht von Stranded Assets betroffen sind), in welchem Umfang sie taxonomiekonform investieren und wie sie allgemein Nachhaltigkeitsstrategien implementieren. Je mehr die Berücksichtigung von Nachhaltigkeit als integraler Bestandteil der treuhänderischen Pflicht verankert ist, umso höher ist der Druck auf Stiftungen, sich damit zu beschäftigen.

Fazit

Rentierliche Kapitalanlage und Impact Investing schließen sich nicht aus. Im Gegenteil: Traditionelle Impact Investing Formen wie Private Equity oder Private Debt bieten sich als ergänzende Portfoliobausteine an, wie das Vorbild amerikanischer Elite-Universitäten zeigt. Neben der Wirkung des eingesetzten Kapitals, also einer sozial-ökologischen Rendite, spricht vor allem die Diversifizierung des Portfolios, der Reputationsgewinn und die Ausschüttungsfähigkeit für diese Impact-Investments.

Weitere Leseempfehlungen der Redaktion

Jahrbuch Impact Investing 2023
https://www.dfpa.info/files/inhalte/epaper/epaper-Jahrbuch2023_Impact_Investing/index.html#0

Ratgeber Impact Investing für Stiftungen
https://www.phineo.org/uploads/Downloads/PHINEO_RG16_Impact_Investing.pdf


Quellen

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