Das Spannungsfeld von Berater und Kunde
Das eingangs genannte Paper befasst sich mit Verhaltenseffekten, die im Spannungsfeld von Finanzberatern und ihren Kunden auftreten. Einerseits helfen die Berater natürlich dabei, bessere Anlageentscheidungen zu treffen, turbulente Phasen zu überstehen und den langfristigen Fokus zu wahren.
Andererseits sind auch professionelle Berater nur Menschen, sodass ihr Verhalten nicht immer im besten Interesse der Kunden ist. Das liegt unter anderem daran, dass sie eigene Ziele wie den Aufbau und die Erhaltung ihres Kundenstamms verfolgen. Deshalb kann es schwierig sein, unangenehme Themen und neue Alternativen anzusprechen, wenn diese beim Kunden das Verlassen der Komfortzone erfordern – auch dann, wenn es in dessen eigenem Interesse ist.
Kognitive Effekte
Finanzberater müssen bei ihrer Arbeit gewisse Vereinfachungen machen, um in der Lage zu sein, verschiedene Anforderungen in angemessener Zeit zu erledigen. Das können Heuristiken zur schnelleren Entscheidungsfindung oder Erfahrungswerte wie der „gesunde Menschenverstand“ sein. Allerdings treten in diesen subtilen, nicht-quantitativen Bereichen regelmäßig ungünstige kognitive Effekte auf (mehr zu diesem Thema erfahren Sie hier). Hinzu kommt, dass Berater ihren Fähigkeiten vertrauen müssen, um kompetent und überzeugend zu wirken, was einen wichtigen Faktor zum Abschluss von Geschäften darstellt – ohne aber dabei in die ungünstige Overconfidence abzudriften. Das Paper beschreibt zwei konkrete Beispiele für kognitive Effekte.
Beispiele für kognitive Effekte:
Festhalten an bisherigen Glaubenssätzen trotz überzeugender, gegenteiliger Evidenz, um kognitive Dissonanz zu vermeiden
Schwierigkeiten, wichtige von unwichtigen Informationen zu unterscheiden, auch infolge vorheriger Erfahrungen und gegenwärtiger Ablenkungen
Vor allem diejenigen Berater, die umfangreiches Wissen und langjährige Erfahrung haben, können kognitive Effekte bei sich selbst in der Regel deutlich verringern. Im Idealfall helfen sie auch ihren Kunden dabei, rationaler zu entscheiden, etwa durch das Festlegen von Regeln. Dieser Prozess wird entsprechend auch „Debiasing“ genannt.
Emotionale Effekte
Während sich kognitive Effekte vergleichsweise gut reduzieren lassen, sind emotionale Effekte tiefer verankert und schwierig zu vermeiden. Der Grund dafür ist, dass die gleiche Information je nach emotionaler Verfassung durchaus unterschiedlich interpretiert werden kann. Hinzu kommt, dass wir uns als Menschen lieber gut als schlecht fühlen. Deshalb möchten wir Dinge erleben, die positiv sind und zögern, negative Tatsachen zu akzeptieren. Ein gutes Beispiel hierfür ist, dass viele Anleger mit Stolz erfüllt sind, wenn sie eine Aktie mit Gewinn verkaufen, aber es bedauern, mit Verlust aussteigen zu müssen – unabhängig davon, ob dies objektiv die richtige Entscheidung ist.
Eine zusätzliche emotionale Belastung für Finanzberater sind Krisenphasen. Das Paper nennt eine Untersuchung der Finanzkrise von 2008/09, die zu dem Ergebnis kam, dass 93 Prozent der betrachteten Finanzplaner ein mittleres bis hohes Niveau an Symptomen für posttraumatischem Stress aufwiesen.
Lösungsansätze
Das Paper befasst sich auch mit Lösungsansätzen für ausgewählte Effekte. Davon sind im Folgenden fünf der wichtigsten Ideen zusammengefasst: